Prof. Dr. Christian von Scheve
Projektleiter
Kurzvita
Ich bin Professor für Soziologie und Leiter der Arbeitsstelle „Soziologie der Emotionen“ an der Freien Universität Berlin. Ich bin Mitglied des Vorstands des Sonderforschungsbereichs „Affective Societies“ (SFB 1171) und Research Fellow am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin).
Was ich an diesem Forschungsprojekt spannend finde…
Sozialer Zusammenhalt ist ein viel diskutiertes Konzept, sowohl im wissenschaftlichen Diskurs als auch in politischen Debatten. Was dabei oft vernachlässigt wird, ist die Tatsache, dass sozialer Zusammenhalt in spezifischen Situationen und bei konkreten sozialen Begegnungen gelebt und umgesetzt werden muss. Der Zusammenhalt ist nicht nur eine abstrakte Eigenschaft von Gruppen und Gesellschaften, sondern er ist grundlegend darin verwurzelt, wie Menschen miteinander umgehen und interagieren. In der heutigen Welt ist die Zivilgesellschaft ein Raum, in dem solche Begegnungen auf eine Art und Weise stattfinden, die unmittelbar mit relevanten sozialen Fragen verbunden ist, die weitreichende Auswirkungen auf die Gesellschaft als Ganzes haben. Die Untersuchung der Interaktionsdynamik in der Zivilgesellschaft aus einer multidisziplinären und transdisziplinären Perspektive, die in dieser Initiative eingenommen wird, verspricht daher ein besseres Verständnis dafür, wie Zusammenhalt in der Gesellschaft entsteht und untergraben wird.
Was meine Disziplin zu diesem Forschungsprojekt beitragen kann…
Die Soziologie hat eine lange Tradition in der Erforschung der Grundsätze des sozialen Zusammenhalts in der modernen Welt, die auf Emile Durkheims Analysen der verschiedenen Formen der Solidarität im Zusammenhang mit der Arbeitsteilung zurückgeht. In den Arbeiten dieser Tradition wird insbesondere die Frage aufgeworfen, wie verschiedene Gruppen in der Gesellschaft bei der Herstellung oder Störung des Zusammenhalts zueinander stehen. Jüngste Fortschritte in dieser Tradition betonen zunehmend die Bedeutung mikrosozialer Begegnungen, z. B. in Versammlungen und Ritualen, und legen nahe, dass Solidarität und Zusammenhalt als Ergebnisse situierter Interaktionsprozesse verstanden werden können. Dabei spielen Faktoren wie geteilte Emotionen, Verhaltenskonvergenz und rhythmisches Mitreißen in Verbindung mit Symbolen und Sprache wahrscheinlich eine wesentliche Rolle.